Hallo Andreas,
vielen Dank für Ihre Frage.
Das DGB Bildungswerk NRW hat dazu im Leitfaden "Bildungsurlaub NRW" eine Passage verfasst, die Ihnen möglicherweise weiterhilft:
"Reduzierung der Dauer bei betrieblicher Weiterbildung"
Es gibt eine Ausnahme zur fünftägigen Dauer des Bildungsurlaubs. Wenn der Arbeitgeber den/die Arbeitnehmer*in für die Teilnahme an einer betrieblich oder dienstlich veranlassten Bildungsveranstaltung freistellt, kann der Arbeitgeber davon nach § 4 Abs. 2 AWbG bis zu zwei Tage auf das jährliche Kontingent von fünf Tagen Bildungsurlaub anrechnen. In diesem Fall stehen dem/der Arbeiternehmerin dann nur noch vier bzw. drei Tage Bildungsurlaub für das Kalenderjahr zur freien Verfügung. Die Anrechnung kann nur für ganze Tage erfolgen.
Die Anrechnung erfolgt jedoch nicht automatisch und der Arbeitgeber muss nicht auf sie zurückgreifen. Nimmt der Arbeitgeber keine Anrechnung vor, bleibt es bei dem vollen Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub. Für den/die Arbeitnehmerin besteht zudem keine Verpflichtung, beim Arbeitgeber nachzufragen, ob die betrieblich/dienstlich veranlasste Bildungsveranstaltungen auf den Bildungsurlaub angerechnet wird oder nicht. Daher sollten – auch wenn in dem betreffenden Kalenderjahr eine betrieblich/dienstlich veranlasste Weiterbildung durchgeführt wurde – trotzdem die vollen fünf Tage Bildungsurlaub beantragt werden. Gegebenenfalls rechnet der Arbeitgeber in einem solchen Fall dann die zwei Tage auf das jährliche Kontingent an, so dass nur noch ein Umfang von drei Tagen Bildungsurlaub übrigbleibt, der dann aber selbstbestimmt genommen werden kann.
Für die restlichen zwei Tage muss der/die Arbeitnehmerin dann entweder Erholungsurlaub nehmen oder statt einer fünftägigen Bildungsveranstaltung eine andere aussuchen, die nur drei Tage dauert. Sofern der Arbeitgeber eine Anrechnung vornehmen möchte, ist er an bestimmte Vorgaben gebunden.
Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Anrechnung ist, dass eine konkrete betrieblich/dienstlich veranlasste Bildungsveranstaltung vorliegt, der/die Arbeitnehmerin für die Teilnahme daran freigestellt wird und der Arbeitgeber innerhalb einer bestimmten Frist die Anrechnung erklärt. Diese Frist der Anrechnungserklärung ist in zweierlei Hinsicht begrenzt.
Einerseits kann der Arbeitgeber die Anrechnung erst dann wirksam erklären, wenn er den/die Arbeitnehmerin für die Teilnahme an einer bestimmten betrieblich oder dienstlich veranlassten Bildungsveranstaltung verbindlich freigestellt hat. Dabei kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Veranstaltung an, sondern auf den Zeitpunkt der Freistellungserklärung des Arbeitgebers gegenüber dem/der Arbeitnehmerin.
Bloße Ankündigungen oder Vorbehalte bewirken keine Kürzung des 5-Tage-Kontingents. Auch wenn sich später herausstellt, dass die betreffende betriebliche/dienstliche Veranstaltung ausfällt, tritt keine Kürzung des Bildungsurlaubskontingents ein. Andererseits kann der Arbeitgeber die Anrechnung nach der Freistellung auch nur wirksam bis spätestens sechs Wochen vor Beginn „der Bildungsveranstaltung“ erklären. Der Gesetzestext lässt dabei leider unklar, ob hiermit die Bildungsveranstaltung des Betriebs oder die des/der Arbeitnehmerin gemeint ist. Wenn dabei möglicherweise im Hinblick auf die Formulierung im vorhergehenden Satz des Gesetzestextes angenommen wird, dass die Anrechnungsfrist bis sechs Wochen vor Beginn der betrieblichen Bildungsveranstaltung läuft, stellt sich die Frage, ob auch noch zeitlich nach dem bereits erfolgten Bildungsurlaub eine nachträgliche Anrechnung ausgesprochen werden könnte. Denn dazu könnte es kommen, wenn der Bildungsurlaub früh und die Freistellung für eine betrieblich oder dienstliche veranlasste Bildungsveranstaltung später im Jahr erfolgen. Eine solche Möglichkeit ist aber abzulehnen. Denn wenn die fünf Tage Bildungsurlaub bereits bewilligt und genommen worden sind, bedeutet dies auch Sicherheit für den/die Arbeitnehmerin; die Tatsache der Freistellung genügt für den Entgeltanspruch. Daher gibt es nach dem „Verbrauch“ der Bildungsurlaubstage durch die Teilnahme an einer beruflichen oder politischen Bildungsveranstaltung nichts mehr, worauf noch angerechnet werden könnte, eine Anrechnung ginge ins Leere.
Im Zweifelsfall sind Betriebsrat, Personalrat, Mitarbeitervertretung oder Gewerkschaft die richtigen Ansprechpartner.
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